Porsche Connect vernetzt Fahrer und Fahrzeug mit dem mobilen Internet. Intelligente Apps, Funktionen und steigern den individuellen Nutzen aller Porsche-Modelle. Kernbestandteil von Connect sind mehr als 20 Dienste und Apps aus den Bereichen Navigation und Infotainment sowie die Abfrage und Steuerung von Fahrzeugfunktionen. Nahezu alle davon lassen sich einfach via Internet buchen und einrichten. Porsche Connect setzt sich aus zahlreichen Komponenten zusammen.  Zentrale Bestandteile sind das Fahrzeug selbst mit seinen vernetzten Steuergeräten und der fahrzeugeigenen Mobilfunkschnittstelle. Über diese werden die Fahrzeugdaten über eine konzerneigene Luftschnittstelle an den zentralen Modularen Backend-Baukasten (MBB) des Konzerns gesendet, der die Daten für eine spätere Verwendung zum Beispiel in der App des Kunden speichert und gegebenenfalls Befehle an das Fahrzeug zurücksendet. An das Backend sind wiederum viele Cloud-Dienste gekoppelt, die Informationen zur Darstellung im Fahrzeug liefern. Das Endgerät des Kunden, beispielsweise ein Smartphone mit der Porsche Connect App, kommuniziert direkt mit dem Infotainmentsystem des Fahrzeugs.

Bereits heute bieten Porsche-E-Hybrid-Modelle per Internet und Mobilfunk beispielsweise Zugriff auf die Standheizung oder die Möglichkeit zur Programmierung eines Ladetimers. Zukünftige Generationen von Hybrid- und Elektrofahrzeugen von Porsche werden noch deutlich stärker von der Vernetzung profitieren. Das intelligente Hausenergiemanagement und die Ladesäulen der Elektrofahrzeuge werden bequem vom Wohnzimmer aus konfiguriert und gesteuert. Mithilfe von Porsche Connect wird es künftig möglich sein, die Fahrt mit dem Elektrofahrzeug optimal vorzubereiten, indem anhand von Reichweiteninformationen, prädiktiven Verkehrsinformationen und Informationen zu auf der Route befindlichen Schnellladestationen die Reisezeit auf ein Minimum verkürzt wird. Die daraus resultierende zunehmend komplexe Verflechtung physischer und digitaler Funktionen führt jedoch dazu, dass in der Entwicklung stark voneinander abweichende Geschwindigkeiten kollidieren – was zwangsläufig ein Umdenken in der gesamten Wertschöpfungskette vom Konzept bis hin zur Auslieferung des fertigen Fahrzeuges erfordert.

Unterschiedliche Lebenszyklen und Entwicklungszeiten

Mit einer mittleren Dauer von vier Jahren liegt das Fahrzeug hinsichtlich der Entwicklungszeit zwischen jener der intelligenten Haussysteme auf der einen Seite und der schnelllebigen Mobiltelefonbranche auf der anderen Seite. Während die am weitesten verbreiteten Hausautomatisierungs- und Vernetzungssysteme zumeist länger als 16 Jahre im Einsatz sind, beträgt der Lebenszyklus von Smartphones und Tablets gerade mal ein bis zwei Jahre. Noch schneller werden nur Smartphone- Apps weiterentwickelt. Die Anforderungen an das Design und den Funktionsumfang der Apps werden vom Markt unter Umständen mehrmals im Jahr neu definiert.

Während also zum Zeitpunkt des Produktionsanlaufes die Hardware im Fahrzeug zeitlich unter Umständen noch auf einem anderen Entwicklungsstand ist, müssen sich die darin eingesetzte Fahrzeugsoftware und die angekoppelten IT-Systeme mit ihren Frontends wie Apps und Portale immer auf dem neuesten Stand befinden. Hinzu kommt der Wunsch nach nachladbaren Funktionen im Fahrzeug unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der IT-Sicherheit. Die Entwicklung eines Fahrzeugs endet damit nicht mehr mit dem Start der Produktion. Da sich die Komponenten außerhalb des Fahrzeugs – wie beispielsweise die mit dem Fahrzeug kommunizierende Smartphone-App – immer weiterentwickeln, werden damit laufend neue Anforderungen an die Fahrzeugentwicklung und die Absicherung der Funktionen gestellt.

Smartphone App, Vernetzt und flexibel, 2017, Porsche AG

Porsche Car Connect App mit E-Mobility-Funktionen

Herkömmliche Entwicklungsprozesse und -methoden müssen erweitert werden, wenn Kundenbedürfnisse und -erwartungen sowie die Branchenvorgaben gleichermaßen erfüllt werden sollen. Damit ein solches Zusammenspiel gelingt, ist der Einsatz von neuen Softwaretools in der Fahrzeugentwicklung unerlässlich. Durch den Aufbau einer Testautomatisierung zur Absicherung der Fahrzeug- und IT-Komponenten wird bereits in der frühen Projektphase der Grundstein für die nachhaltigen regressiven Absicherungsläufe gelegt. Darüber hinaus können auf diese Weise die unterschiedlichen Entwicklungs- und Lebenszyklen zu einem großen Teil kompensiert werden.

Vernetzung verlangt nach neuen Herangehensweisen im Testing

Als effiziente und sinnvolle Variante zur funktionalen und nicht funktionalen Absicherung der vernetzten Dienste dient die Methode des automatisierten Ende-zu-Ende-Regressionstests. Der Fokus dieses Qualitätssicherungsverfahrens liegt auf der kompletten Kette, die sich vom Fahrzeug über ein Backend zu verschiedenen Benutzeroberflächen, wie zum Beispiel einem browserbasierten Kundenportal oder einer Smartphone-App, erstreckt. Voraussetzung für automatisierte Tests von Diensten über deren vernetzte Systeme sind Verfahren, die Interaktionen mit allen Komponenten ohne manuelle Hilfe ermöglichen. Die Einbindung einer webbasierten Benutzeroberfläche wird dabei durch die Erweiterung der bisherigen Testinfrastruktur und -umgebung erreicht. Dadurch können Funktionen der Testumgebung definiert werden, welche die Oberfläche in einem automatisierten Prozess bedienen.

Bei Automatisierungen von Benutzeroberflächen handelt es sich um Entwicklungen, die speziell auf die Visualisierungen abgestimmt werden müssen. Dafür sind im ersten Schritt Muster zu erzeugen, die das Nutzerverhalten bei einer definierten Dienstfunktion beschreiben. Dieses Muster kann in komplexen Fällen durch ein Aktivitätsdiagramm abgebildet werden. Sind die Abläufe der Benutzer erfasst, erfolgt die Umsetzung. Hierzu ist die eindeutige Identifikation jedes Webelements notwendig, mit dem auf der Oberfläche interagiert wird. Dies kann eine Schaltfläche sein, die betätigt wird, oder ein Textfeld, in welches eine Zeichenkette eingetragen werden soll.

Stabile Lösung für anpassungsfähiges Testkonzept

Änderungen an der webbasierten Visualisierung können deshalb zur Folge haben, dass auch die Automatisierung angepasst werden muss. Hier hilft die Entwicklung einer stabilen Lösung, die auch bei veränderter Benutzeroberfläche die Elemente weiterhin eindeutig identifiziert und bedient. Dadurch kann mittels eines automatisierten Testlaufs geprüft werden, ob die Änderungen unerwünschte Einflüsse auf die Reife des Dienstes haben. Zur Integration der Lösung in die Testumgebung bietet sich die Erstellung eines Plateau-Plug-ins an. Die Middleware-Architektur dieses Plug-ins ermöglicht den Fernaufruf der Website-Automatisierung. So ergibt sich die Anwendungsmöglichkeit von Plateau-Plug-ins durch den Aufbau einer zentralisierten Lösung für die Prüfstände im Bereich Connected Car. Die Ausführung der Website-Automatisierung läuft damit auf einem unabhängigen Gerät im Porsche-Netzwerk auf der Basis des Frameworks Selenium. Darüber hinaus wird ein detailliertes Protokoll durch die Serverlösung erzeugt.

Neue Websites oder neue Inhalte auf bestehenden Websites können durch ein Erweiterungsinterface eingebunden werden. Die Operationen der zusätzlichen Schnittstelle werden für jede Automatisierung implementiert und anschließend durch den Server dynamisch aufgerufen. Das Aufrufkonzept und die Verwendung zentraler Datenbanken erlauben die einfache Anbindung von neuen zu automatisierenden Websites. Außerdem bietet dieses System eine über die Anzahl der Prüfstände skalierbare Möglichkeit, die Automatisierung von Websites parallel vorzunehmen.

Server ermöglicht paralleles und zeitsparendes Testen

Die rasant wachsende Funktionalität im Bereich der Fahrzeugvernetzung und der dadurch zunehmende Testbedarf erfordern immer mehr Prüfstände. Durch die Einbindung des Servers bietet dieses Konzept die Möglichkeit der Parallelisierung von Website-Automatisierungen und somit einen produktiven Testbetrieb. Der Einsatz zentraler Datenbanken, die eine Reaktion auf Veränderungen ohne erneute Kompilierung der Automatisierungen ermöglichen, gewährleistet die gewünschte Anpassungsfähigkeit. Der Einsatz bewährter Technologien sichert dabei die dauerhafte Stabilität des Dienstes. Diese Anforderung ist speziell im Umfeld des automatisierten Testens sehr relevant, da der Betrieb häufig über mehrere Stunden ohne Beeinträchtigungen aufrechterhalten werden muss. Die umfangreiche Protokollierung stellt darüber hinaus eine Vielzahl an Informationen zum Ablauf jeder Automatisierung bereit. Diese können für die Analyse der Ergebnisse genutzt werden und bieten die notwendige Detailtiefe, um die Aktionen des durchgeführten Prozesses nachzuvollziehen. Unter anderem unterstützen Bildschirmfotos die Fehleranalyse, die bei Eintreten eines Fehlverhaltens der Inhalte einer Website erfasst werden.

Grafik 2, Vernetzt und flexibel, 2017, Porsche AG

Das Konzept ermöglicht die zentrale und standortunabhängige Nutzung des Servers

Neben dieser Lösung zur Website-Automatisierung nutzen die Porsche-Ingenieure zudem ein vergleichbares Konzept zur Ansteuerung von mobilen Endgeräten. Dieses setzt auf einem Webserver auf, der über ein REST API (Representational State Transfer Application Programming Interface) kommuniziert und die WebDriver-Schnittstelle implementiert hat. Die Implementierung der WebDriver-Schnittstelle basiert dabei auf derjenigen von Selenium, welches ebenfalls für die Website-Automatisierung genutzt wird. Für die Anwendung auf Smartphones wurde die Selenium-Implementierung entsprechend erweitert. Der Webserver empfängt Befehle von einem Client, die definierte Benutzerinteraktionen enthalten. Dabei werden die Befehle je nach Plattform des Smartphones von UIAutomator (Google) oder UIAutomation (Apple) ausgeführt. Die Ergebnisse werden im Anschluss als HTTP-Antworten zurück an den Client gesendet.

Diese produktiven Verfahren schaffen die Grundlage dafür, neu entwickelte Dienste – wie beispielsweise eine vernetzte Ladesteuerung – möglichst kundennah, regressiv und automatisiert abzutesten und auf diese Weise wertvolle Entwicklungszeit einzusparen.

Entwicklung geht über Produktionsstart hinaus

Auch die Entwicklungsprozesse werden sich den neuen Anforderungen stetig weiter anpassen müssen. Dies bedeutet unter anderem eine stärkere Vernetzung verschiedener Ressorts wie Entwicklung, IT und Vertrieb insbesondere in Bezug auf den Abgleich der jeweiligen Entwicklungs- und Absicherungsaktivitäten. Denn wie bereits gesagt: Die Entwicklung dieser vernetzten Systeme endet heute nicht mehr mit dem Produktionsstart des Fahrzeugs, sondern ist einer kontinuierlichen Weiterentwicklung unterworfen.

Grafik 1, Vernetzt und flexibel, 2017, Porsche AG

Neue Websites und Abläufe können direkt an die Erweiterungsschnittstelle im Server angebunden werden

Info

Text erstmalig erschienen im Porsche Engineering Magazin 1/2017.

Text: Jochen Spiegel, Stefan Jockisch und Thomas Pretsch

Ähnliche Artikel

Virtueller Fahrerplatz
05.01.2017

Der Fahrsimulator von Porsche ist ein hochmodernes Entwicklungswerkzeug.

Netzwerker
03.10.2016

Smartphone, Smartwatch und Auto verschmelzen zu einem mobilen Netzwerk.

Neu und doch bekannt
11.08.2017

Zwei Experten geben Einblicke in den Neuigkeitsgrad digitaler Technologien in der Automobilentwicklung.

Quelle: Porsche Newsroom

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert